Heilpflanze des Jahres 2022

Die Große Brennnessel (Urtica dioica L.). Von Franziska Hoehl, FG Botanik)

Schmerzhaft kann der Kontakt mit den Brennhaaren sein und schützt die Pflanze damit vor Fressfeinden. Während die Große Brennnessel ausdauernd ist und jedes Jahr erneut aus dem Wurzelstock treibt, ist die Kleine Brennnessel einjährig. Wie es der wissenschaftliche Name der Großen Brennnessel schon verrät, ist sie zweihäusig, d.h. es gibt Pflanzen mit männlichen und weiblichen Blüten. Im Gegensatz dazu kommen bei der Kleinen Brennnessel weibliche und männliche Blüten an einer Pflanze vor (1häusig). Durch den Wind wird der Pollen von den männlichen Blüten auf die weiblichen übertragen. Bei erfolgreicher Befruchtung entwickeln sich daraus kleine einsamige Nüsschen, die schwer an den Fruchtständen hängen.

Für viele Menschen ist die Brennnessel der Inbegriff des Unkrauts. Doch zu Unrecht, denn diese weitverbreitete Pflanze gehört mit zu den wertvollsten Heilpflanzen. Zudem ist sie bedeutsame Futterpflanze für viele Insekten und auch in der Wildkräuterküche gerne gesehen.

Die Große Brennnessel, Urtica dioica L., gehört wie ihr kleine Schwester Urtica urens L. zur Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae JUSS.). Sie sind krautige Pflanzen mit ungeteilten, gesägten, gegenständig angeordneten sowie mit den typischen Brennhaaren besetzten Blättern. Diese unterscheiden sich jedoch in Form und Größe.


Als stickstoffliebende Pflanze ist die Große Brennnessel schon lange Begleiter menschlicher Siedlungen und kommt häufig an Lagerplätzen, Tierställen und Wohnhäusern vor. Brauchtum und Nutzen als Heilpflanze sind eng mit dem Menschen verbunden.

In der grünen Apotheke finden Blätter, Wurzeln und die Samen ihre Verwendung:

Brennnesselblätter wirken stoffwechselfördernd, harntreibend und harnsäureabführend. Sie eigenen sich zur Durchspülung bei entzündlichen Harnwegserkrankungen, helfen Gifte und Stoffwechselendprodukte aus Gelenken oder Bindegewebe auszuleiten. Klinische Studien belegen, dass Brennnesselkraut rheumatisch-entzündliche Schmerzen lindert und bei Arthrose die Knorpelzertstörung verlangsamt (Brühning 2020). Zudem sind sie – in Verbindung mit Vitamin C – ein außerordentlicher Eisenlieferant.

Brennnesselwurzeln sollen aufgrund ihres hohen Phytosterolgehaltes eine positive Wirkung bei beginnender gutartiger Prostatavergrößerung besitzen (Brühning 2020). Brennnesselsamen vitalisieren und stärken bei Erschöpfung. Sie galten früher als Aphrodisiakum.

Zu guter Letzt sei erwähnt, dass die Brennnessel in frühen Zeiten als Faserpflanze von großer Bedeutung war. Ihr Name Fasernessel rührt daher. Im Mittelalter stellten Menschen aus ihren langen Fasern Stricke, Seile, Säcke sowie (Fischer)Netze her und verarbeiteten sie zu Nesselstoff. Mit dem aufkommenden Baumwollanbau verlor die Brennnessel jedoch ihre Bedeutung als Nutzpflanze in der Textilherstellung. Färbt man mit den Blättern der Brennnessel bekommt man, je nach Beize, ein helles (Olive)Grün oder Graugrün.

 

Für mehr als 30 heimische Falterarten ist die Große Brennnessel eine wichtige Raupenfutterpflanze. Dazu gehören z. B. der Admiral, das Landkärtchen, der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge. Es lohnt sich also der Brennnessel Platz im Garten und/oder am Haus zu überlassen. Erfreuen sie sich an ihr und ihren „Bewohnern“ und probieren sie sie selbst einmal ....

In der Wildkräuterküche werden die Blätter ebenfalls sehr geschätzt, da sie – wie bereits erwähnt – ein hervorragender Mineralien- und Vitaminlieferant sind. So besitzt das Kraut im Vergleich zu Spinat dreimal soviel Eiweiß, Eisen und Calcium und 300 mg Vitamin C (pro 100 g frischer Pflanze/ im Vergleich: Spinat nur 29 mg). Gerne werden die Blätter für Smoothies oder Pesto verwendet und ihre Samen über Salat und Müsli gestreut.

 

Aber nicht nur in der Phytotherapie oder in der Kräuterküche findet die Große Brennnessel ihre Verwendung. Auch als Jauche/Brühe kommt sie oft und gerne im (Bio)Garten zum Einsatz. Die Jauche ist Stickstofflieferant, Bodenverbesserer und soll Schädlinge, wie Blattläuse und Milben abwehren. Als Brennnesselpräparat wird sie auch im biodynamischen Landbau verwendet.


Fotonachweis: Große Brennnessel/ NABU F.Hoehl; Große Brennnessel mit Raupen des Admiral/ Franziska Hoehl; Tagpfauenauge/ NABU C. Persch; Admiral/ C. Persch. (Fotos sind urheberrechtlich geschützt).